Steuerzahlerbund rügt Bewirtungskosten 15,7 Millionen Euro für Sekt und Häppchen? Baerbock-Ministerium in der Kritik

Mittwoch, 05.07.2023, 11:12

Im Bundesetat sind in diesem Jahr insgesamt 23 Millionen Euro für Bewirtung und Ähnliches vorgesehen. Fast doppelt so viel wie im Vor-Corona-Jahr 2019. Das Auswärtige Amt trägt hier mit über 15 Millionen Euro besonders dick auf, was das Bund der Steuerzahler moniert. So reagiert das Baerbock-Ministerium.

Einladung zum Lunch, Jahrgangssekt beim Stehempfang, kleine Geschenke zur Pflege der Freundschaft - so stellt man sich neben der harten Schreibtischarbeit den eher geselligeren Teil der Arbeit von Diplomaten und anderen Top-Beamten vor. Im Bundesetat 2023 sind - ressortübergreifend - insgesamt rund 23 Millionen Euro für diese "Ausgaben aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen", im Volksmund auch: Bewirtungskosten, eingeplant.

Der Bund der Steuerzahler rügt in seinem "Sparbuch für den Bundeshaushalt 2023" den Umgang mit Steuergeld an dieser Stelle:

"Im politischen Bereich, in dem der fachliche Austausch im Gespräch oder die Vernetzung zum Wohle gemeinsamer Ziele zum Tagesgeschäft gehört, fallen naturgemäß Bewirtungsausgaben an", heißt es dort. Doch egal, ob es sich dabei um das Catering bei offiziellen Empfängen oder das Kännchen Kaffee im Vier-Augen-Gespräch handelte: "Diese vom Steuerzahler finanzierten Verfügungsmittel ‚aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen' sollten derzeit besonders kritisch unter die Lupe genommen werden, da doch Prognosen einer gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsregression die Debatten bestimmen."

Heißt also: Während aufgrund steigender Lebenshaltungskosten die Bürgerinnen und Bürger zwischen Flensburg und Freilassing den Gürtel enger schnallen müssen, bleiben staatliche Stellen davon scheinbar unberührt.

Arbeitskontakte mit Bewirtung

Im Vergleich zu 2019, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen, haben sich die diesbezüglichen Ausgaben nahezu verdoppelt. Der Großteil des Zuwachses entfällt auf das Auswärtige Amt, das 15,7 Millionen Euro für "Kosten der dienstlichen Kontaktpflege und repräsentativen Verpflichtungen der Beschäftigten an den Auslandsvertretungen" veranschlagt. Vor vier Jahren waren es noch 4,7 Millionen Euro. Aber dazu später mehr.

Aus dem Auswärtigen Amt (AA) heißt es dazu: "Die ‚Ausgaben aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen' sind Kosten, die im Zusammenhang mit der dienstlichen Kontaktpflege und repräsentativen Verpflichtungen der Beschäftigten an den Auslandsvertretungen entstehen."

Und weiter: "Funktionierende Arbeitskontakte in die Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, in den Kulturbereich, zu Nicht-Regierungsorganisationen und zu Behörden des Gastlandes sind unverzichtbar, damit die Auslandsvertretungen ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen können." Warum es dazu immer ein Getränk, ein Essen oder auch beides braucht, wird nicht erläutert.

"Der Aufbau und die Pflege von Kontakten sowie die Schaffung von Netzwerken mit Entscheidungsträgerinnen und -trägern und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Gastland gehört daher zu den Pflichten aller Angehörigen des Auswärtigen Dienstes nach dem Gesetz über den Auswärtigen Dienst (GAD). Die Beschäftigten erhalten die notwendigen Kosten gegen Einzelabrechnung erstattet."

Informelle Gespräche, Veranstaltungen, Feste

Laut AA sind Veranstaltungen zur dienstlichen Kontaktpflege etwa Einladungen zu informellen Gesprächen im kleinen Kreis oder auch Veranstaltungen für einen größeren Gästekreis wie zum Beispiel Empfänge anlässlich des Tags der Deutschen Einheit. "Weitere Anlässe sind unter anderem Besuche von Delegationen und Einzelreisenden aus dem Deutschen Bundestag, der Bundesregierung, von Vertreterinnen und Vertretern der Bundesländer sowie aus Wirtschaft und Kultur, denen bei Veranstaltungen die Gelegenheit gegeben wird, sich mit lokalen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern auch informell auszutauschen."

An welchen Auslandsvertretungen genau und wofür die Budgets konkret verwendet werden, will das Auswärtige Amt nicht preisgeben. Zum Anstieg von 4,7 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 15,7 Millionen Euro 2023 liefert das Ministerium jedoch eine Begründung:

"Bis einschließlich 2019 wurde zur Deckung der Kosten der dienstlichen Kontaktpflege den entsandten Beschäftigten an den Auslandsvertretungen eine pauschale Aufwandsentschädigung mit den Bezügen ausbezahlt."

Auswärtiges Amt spricht von Umschichtung der Mittel

Zum 01.01.2020 habe das Auswärtige Amt dann auf Empfehlung des Bundesrechnungshofs ein neues System der Finanzierung der Kontaktpflege eingeführt, um einen effizienteren Mitteleinsatz zu gewährleisten. "Veranstaltungskosten werden seither gegen Einzelabrechnung erstattet."

Für diesen Systemwechsel wurden laut AA 80 Prozent (rund 12 Millionen Euro) der bis dahin mit der pauschalen Aufwandsentschädigung über die Bezüge gezahlten Beträge in den Titel "Ausgaben aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen" umgesetzt. "Es handelt sich also nicht um einen Aufwuchs im Sinne von Mehrausgaben, sondern um eine Umschichtung von Mitteln aus anderen Titeln."

Ausgezahlt wurden in diesem Jahr bislang rund 4,5 Millionen Euro für Veranstaltungen der dienstlichen Kontaktpflege. "In der zweiten Jahreshälfte fallen erfahrungsgemäß die größeren Ausgaben an, vor allem durch die Veranstaltungen aus Anlass des Tags der Deutschen Einheit."

Steuerzahlerbund kritisiert Intransparenz

Deutschland unterhält insgesamt 226 Auslandsvertretungen. Darüber hinaus gibt es 322 Honorarkonsuln, die ehrenamtlich tätig sind und deren finanzielle Aufwendungen ebenfalls aus demselben Budget gedeckt werden.

"Leider bleibt es völlig intransparent und damit für den Steuerzahler nicht nachvollziehbar, wofür dieses Geld - offenbar in aller Welt - konkret ausgegeben wird", kritisiert der Reiner Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler.


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